Neue Schwerpunkte zur Risikominderung im Hypothekarbereich

Die Aufsichtsmitteilung im Überblick

Immobilien- und Hypothekarkredite bleiben ein zentrales Risiko für den Schweizer Finanzplatz. In ihrer Aufsichtsmitteilung 02/2025 vom 22. Mai 2025 konsolidiert die FINMA ihre Beobachtungen und formuliert konkrete Erwartungen an Banken (zur FINMA-Aufsichtsmitteilung 02/2025). Auf Basis von Vor-Ort-Kontrollen, Umfragen und Stresstests identifiziert sie Schwachstellen – insbesondere bei Tragbarkeitskriterien, Bewertungsverfahren und Ausnahmebewilligungen («Exceptions to Policy», ETP). Ziel ist es, die Anwendung regulatorischer Standards zu vereinheitlichen und Mängel zu beheben.

Die adressierten Themen betreffen insbesondere Banken mit signifikanter Hypothekarexposition. Die FINMA betont jedoch, dass auch Versicherungen und andere beaufsichtigte Finanzintermediäre vergleichbaren Risiken ausgesetzt sind. Deshalb gelten die Erwartungen grundsätzlich für alle relevanten Marktteilnehmer. Eine konsequente Umsetzung ist zentral, um Risiken wirksam zu steuern und die Stabilität des Finanzsystems zu sichern.

Aufsichtserkenntnisse: Tragbarkeitslücken, Bewertungsdefizite und ETP-Risiken

Die FINMA stellt fest, dass viele Institute grosszügige Tragbarkeitskriterien anwenden oder Kredite ausserhalb interner Vorgaben vergeben, ohne diese korrekt als ETP zu kennzeichnen. Dadurch wird die Risikoüberwachung erschwert. Die FINMA fordert eine konsequente Anwendung konservativer Parameter – etwa kalkulatorischer Zinssätze von 5 % sowie realistisch berechneter Einkommensgrenzen. Zudem ist festzustellen, dass in einzelnen Instituten ETP-Fälle regelmässig und in grosser Anzahl auftreten. Dadurch verlieren Ausnahmen ihren eventbezogenen Charakter und werden zur gängigen Praxis, was die intendierte Begrenzungsfunktion aushebelt. Die Entwicklung von ETP-Fällen muss im Rahmen der Risikoanalyse systematisch mit dem jeweiligen Risikoappetit abgeglichen und über Key Risk Indicators (KRI) engmaschig überwacht werden, um sowohl die Governance als auch die Risikotoleranz fortlaufend zu steuern und Institute zu einer risikoadäquaten Kreditvergabe zu verpflichten.

Im Bewertungsbereich kritisiert die Aufsicht unzureichend geprüfte oder nicht validierte Modelle. Hedonische oder kapitalisierungsbasierte Verfahren werden häufig ohne oder nur mit unzureichender Plausibilisierung eingesetzt. Auch die Anwendung von Bandbreiten zur Festlegung des Belehnungswerts ist oft nicht dokumentiert oder methodisch begründet. Die Umsetzung des «ursprünglichen Belehnungswerts» gemäss Eigenmittelverordnung erfolgt uneinheitlich.

Auch im Umgang mit Zusatzsicherheiten sieht die FINMA Mängel. Vorsorgevermögen mit hohem Aktienanteil werden teils vollständig angerechnet, ohne risikogerechte Bewertung. Die Aufsicht erwartet in solchen Fällen Sicherheitsabschläge. Bei durch mehrere Grundpfänder besicherten Krediten reicht eine einfache Verteilung nach Schuldbriefen nicht aus – die Aufteilung soll risikobasiert erfolgen.

Fokusbereiche: Gewerbeimmobilien, Prüfzyklen und Reputationsfragen

Im Segment kommerzieller Renditeliegenschaften erkennt die FINMA erhöhte Ausfallrisiken – verstärkt durch Entwicklungen wie Homeoffice, Onlinehandel und steigende Leerstände. Stresstests zeigen, dass in diesem Bereich bei einer Marktkrise die höchsten Verluste zu erwarten sind. Einige Institute prüfen Finanzierungen nur alle 15 Jahre – für die FINMA zu selten. Sie verlangt risikoadäquate Zyklen, klare Limiten und eine engmaschige Portfolioüberwachung.

Auch Reputationsrisiken rücken stärker ins Blickfeld. Diese betreffen insbesondere Finanzierungen mit wenig transparenten Gegenparteien oder Projektträgern mit schwacher Bonität. Die FINMA erwartet, dass solche Risiken bereits im Kreditvergabeprozess systematisch erfasst und dokumentiert werden – insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten und Konzernstrukturen.

Implikationen für Finanzinstitute: Überlegungen zur operativen Umsetzung

Die in der Aufsichtsmitteilung 02/2025 festgehaltenen Erwartungen der FINMA verlangen von Finanzinstituten eine ganzheitliche Auseinandersetzung mit bestehenden Strukturen, Prozessen und Instrumenten im Hypothekargeschäft. Dabei geht es weniger um punktuelle Korrekturen als um eine reflektierte Weiterentwicklung zentraler Elemente der Risiko- und Kreditsteuerung – stets im Einklang mit den regulatorischen Anforderungen und unter Berücksichtigung institutsspezifischer Gegebenheiten.

Vor diesem Hintergrund kann es sinnvoll sein, bestehende Weisungen, Kreditrichtlinien und Bewertungsgrundsätze zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten, um sie an die aufsichtsrechtlichen Erwartungen anzupassen. Eine übergreifende Analyse der internen Kredit- und Bewilligungsprozesse bietet darüber hinaus die Möglichkeit, potenzielle Umsetzungsrisiken zu identifizieren – beispielsweise im Umgang mit Ausnahmebewilligungen oder bei der Anwendung von Bewertungsmodellen – und durch konkrete Präzisierungen bzw. verbindliche Vorgaben zu minimieren.

Im Sinne einer zukunftsgerichteten Ausgestaltung des internen Steuerungsrahmens empfiehlt es sich zudem, Rollen und Verantwortlichkeiten – insbesondere an den Schnittstellen zwischen Risiko, Markt und Compliance – klar zu definieren sowie durch ein abgestimmtes Kontroll- und Reportingregime abzusichern. Aufbauend darauf kann die Qualität der operativen Umsetzung durch gezielte Massnahmen wie Fokusschulungen, strukturierte Prozessreviews oder die Einführung risikobasierter Kontrollmechanismen gestärkt werden.

Darüber hinaus rücken Themen wie Governance, Dokumentation und Transparenz erneut ins Zentrum. Gerade vor dem Hintergrund der steigenden regulatorischen Anforderungen und des differenzierteren Verständnisses von Reputationsrisiken gewinnt eine konsistente Ausgestaltung der Kreditvergabeprozesse weiter an Bedeutung. Dies umfasst auch die Prüfung und – wo sinnvoll – Ergänzung bestehender Due-Diligence-Vorgaben sowie der Datengrundlagen zur Einschätzung wirtschaftlich Berechtigter und komplexer Eigentümerstrukturen.

Fazit

Mit der Aufsichtsmitteilung 02/2025 konkretisiert die FINMA ihre Erwartungen an ein risikobewusstes und transparentes Hypothekargeschäft und macht deutlich, dass sie künftig weniger Ermessensspielraum toleriert. Für Finanzinstitute ergibt sich daraus die Notwendigkeit, bestehende Prozesse, Weisungen und Kontrollmechanismen im Immobilien- und Hypothekarbereich mit Blick auf regulatorische Klarheit, methodische Fundierung und Einbettung in die Risikoarchitektur kritisch zu überprüfen. Die Aufsichtsmitteilung bietet zugleich Orientierung, um bestehende Strukturen gezielt weiterzuentwickeln – in einem Mass, das dem jeweiligen Geschäftsmodell und Risikoprofil angemessen ist.

Ein strukturiertes Vorgehen entlang dieser Handlungsfelder unterstützt nicht nur die risikoadäquate Steuerung und Nachvollziehbarkeit der Kreditvergabe, sondern kann wesentlich zur operativen Belastbarkeit und zu einer stärkeren internen Verankerung regulatorischer Anforderungen beitragen. Insbesondere für Institute mit signifikanter Hypothekarexposition bietet sich darin die Chance, Unternehmensstandards zu schärfen, die eigene Position im Markt zu festigen und zugleich einen substanziellen Beitrag zur Stabilität des Finanzplatzes zu leisten.

31.07.2025




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