MiFID II – Fortschritte und Schwächen in der Umsetzung der Richtlinie

Seit gut einem Jahrzehnt steigen im europäischen Raum die regulatorischen Anforderungen an die Anlageberatung. Mit dem Inkrafttreten der MiFID II im Januar 2018 akzentuierten sich diese nochmals deutlich. Verschiedene neue Anforderungen wie etwa die ex-ante Kostentransparenz und die Geeignetheitserklärung stellten die Anlageberater erneut auf die Probe.

Fortschritte und Schwächen halten sich die Waage

Seit dem Inkrafttreten der MiFID II-Regelungen hat die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin bereits die zweite Marktuntersuchung zu deren Umsetzung durchgeführt und die Ergebnisse im Mai 2019 publiziert. Die BaFin-Untersuchung ergab, dass die Finanzdienstleister die Vorgaben für die Aufzeichnung von Telefongesprächen (Taping) und die Detailinformation hinsichtlich der Kosten der Anlageentscheidung gut bis sehr gut umsetzen.

Hingegen besteht in den Bereichen ex-ante Kosteninformation und Geeignetheitserklärung erheblicher Verbesserungsbedarf. Die Anforderungen an die ex-ante Kosteninformation sind anspruchsvoll, da sie grundsätzlich individualisiert auf die konkrete Transaktion, das spezifische Finanzinstrument und die spezifische Wertpapierdienstleistung zu beziehen sind. Das Fehlen eines einheitlichen Marktstandards und die Vielzahl offener Detailfragen verhindern zurzeit einen homogenen Marktansatz. Die Geeignetheitserklärungen sind in beinahe 90 Prozent der Fälle immer noch unvollständig und weisen einen mangelhaften Abgleich zwischen den Kundenbedürfnissen und den Produkteigenschaften auf.

Die aktuelle BaFin-Untersuchung zeigt deutlich, dass auch über eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der MiFID II-Anforderungen die Marktteilnehmer Schwierigkeiten mit deren Umsetzung bekunden.

FIDLEG-Anforderungen

Wie können Schweizer Finanzdienstleister von den Erfahrungen aus Deutschland profitieren? Denn auch das am 1. Januar 2020 in Kraft tretende Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) enthält für die Anlageberater einige Umsetzungsanforderungen wie:

  • die Vornahme der Kundensegmentierung;
  • die Durchführung von Eignungsprüfungen bei der portfoliobasierten Anlageberatung;
  • die Angemessenheitsprüfungen bei der transaktionsbasierten Anlageberatung.

Im Zentrum stehen hier Informations-, Dokumentations- und Rechenschaftspflichten. So kennt auch das FIDLEG beispielsweise eine mit der europäischen Geeignetheitserklärung vergleichbare Pflicht, im Rahmen der Anlageberatung die Bedürfnisse der Kunden sowie die Gründe für jede Empfehlung, die zum Erwerb oder zur Veräusserung eines Finanzinstruments führt, zu dokumentieren.

Ein breites Dienstleistungsangebot aufrechterhalten

Die für die MiFID II-Implementierung investierten finanziellen Ressourcen wiederspiegeln sich vielfach in gesteigerten Gebühren für die Kunden oder in einem verkleinerten Angebot. Auch die Umsetzung der FIDLEG-Vorgaben wird initiale und laufende Mehrkosten für die Finanzdienstleister mit sich bringen. Es ist also ratsam, ganzheitliche Lösungen einzuführen, um auch in Zukunft preiswerte und vielfältige Dienstleistungen anbieten zu können. Werden die Beratungsdienstleistungen teurer und wird das Dienstleistungsangebot eingeschränkt, droht den Finanzdienstleistern allenfalls ein substantieller Ertragspfeiler wegzubrechen.

 

29.08.2019




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