FINIG-Lizenz für Vermögensverwalter und Trustees

Das vierte Quartal 2022 steht vor der Tür und das Hauptjahr der FINIG-Lizenz neigt sich in grossen Schritten dem Ende zu. Die aktuellen Herausforderungen für die Finanzinstitute sind unterschiedlich, je nachdem, in welcher «Welt» sie sich aktuell befinden.

Aktueller Stand der Bewilligungen

Gemäss der im August publizierten FINMA-Aufsichtsmitteilung 02/2022 befanden sich per 31. Juli 1535 Institute im Bewilligungsprozess oder haben diesen bereits durchlaufen. Dies entspricht rund einem Viertel (aktueller Stand bewilligter Vermögensverwalter und Trustees: finma.ch) . Zudem haben über 600 Institute der FINMA mitgeteilt, dass sie kein Gesuch einreichen werden. Demzufolge verbleiben immer noch rund 400 Institute, welche sich ursprünglich für eine Bewilligung registriert hatten, sich aktuell jedoch weder im Bewilligungsprozess befinden, noch einen Bewilligungsverzicht gemeldet haben.

Von der «alten» in die «neue» Welt

Einige hundert Institute leben somit schon länger in der «neuen» Aufsichtswelt, welche durch das FINIG geschaffen wurde. Für sie stehen nun vermehrt Fragen der konkreten Umsetzung der Vorgaben im Vordergrund, was derweil nicht nur im Zusammenhang mit dem FINIG, sondern auch für das FIDLEG-Dispositiv gilt. Bereits haben die ersten Aufsichtsprüfungen unter dem neuen Regime stattgefunden und es können konkrete Erfahrungen gesammelt werden – bis zur Etablierung deutlicher Benchmarks braucht es aber noch Zeit. Ein weiterer Fortschritt sind die konkreten Leitlinien zu den Aus- und Weiterbildungsanforderungen, welche kürzlich von den AOs publiziert wurden und insbesondere die Geschäftsführer in die Pflicht nehmen.

Ein Grossteil der Institute schwebt hingegen noch in der «Zwischenwelt» - sie befinden sich im Bewilligungsprozess, sozusagen ein letztes Mal (fast) schwerelos, bis das strengere Aufsichtsregime greift. Der viel zitierte «Flaschenhals» zeichnet sich nun ab – die AOs und die FINMA haben aktuell mit dem Höchststand an Gesuchen zu kämpfen, was zu Bearbeitungszeiten von Monaten (und nicht mehr Wochen) führen kann. Vor allem für die AOs ist nun die zentrale Herausforderung, die Gesuche zeitnah zu bearbeiten und an die FINMA weiterzureichen. Die Lizenznehmer ihrerseits sind in der Verantwortung, die gestellten Anforderungen - etwa an die Formalitäten (z.B. Aktualität der Unterlagen), aber auch an die Organisation (u.a. Gewähr / Ausbildung / Organisation Governance und IKS) - wahrzunehmen und unnötige Verzögerungen zu vermeiden.

Eine letzte Gruppe scheint sich bislang schwer zu tun, die «alte Welt» zu verlassen – sie haben den Bewilligungsprozess bis heute nicht in Angriff genommen, aber auch keinen Bewilligungsverzicht gemeldet. Die FINMA macht deutlich, dass wer vorsätzlich oder fahrlässig unbewilligt tätig ist, mit aufsichts- und strafrechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Es kann bereits jetzt im Markt beobachtet werden, dass sie ihren Worten auch Taten folgen lässt.

Die Sicht der Depotbanken

Spätestens seit dem Verstreichen der informellen Frist zur Einreichung des Bewilligungsgesuchs bei einer AO im Juni dieses Jahres, haben die Depotbanken den Druck auf die Finanzintermediäre spürbar erhöht - und das zu Recht. Die Banken sind um ihre eigene Compliance besorgt und müssen verschiedene Konsequenzen in Betracht ziehen, sollte einer «ihrer» Vermögensverwalter die Lizenz nicht rechtzeitig erhalten. So hätte dies Auswirkungen auf die Klassifizierung der Beziehung unter FIDLEG sowie in der Konsequenz auch unter dem KAG und die Investmentmöglichkeiten in Fonds. Auch das Zusammenspiel im Bereich der Einhaltung der GwG-Pflichten würde erschüttert, sollte ein Vermögensverwalter den Status des Finanzintermediärs nicht erhalten.

Natürlich stellt sich auch die Frage der Gewähr – was tun, wenn gegen einen Geschäftspartner und Kunden ein Aufsichts- oder gar Strafverfahren läuft? «Know your Intermediary» bekommt in der neuen Aufsichtswelt damit in jedem Fall eine noch grössere Bedeutung als zuvor.

Fazit und Ausblick

Der Bewilligungsprozess ist kein einfacher, er ist aber zweifelsohne machbar, wenn man die Bewilligungsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllt. Für die Schweizer Vermögensverwalter stehen heute viel mehr Dienstleister, Hilfsmittel und Toolprovider sowie allgemeine Erfahrungswerte zur Verfügung als noch vor einem Jahr. Das Trustee-Geschäft ist anders ausgestaltet und die Formalitäten der Bewilligung scheinen noch nicht in allen Fällen eindeutig. Erst rund ein Dutzend Trustees sind inzwischen bewilligt - die Praxis wird sich hier entsprechend noch weiter festigen.

Umsetzungsfragen stellen sich sodann vermehrt auch für ausländische Vermögensverwalter, die in der Schweiz tätig sein wollen: Welche Finanzdienstleistungen dürfen im Schweizer Kontext angeboten werden? Reicht die Errichtung einer Vertretung und ab wann ist eine Zweigniederlassung erforderlich? Was sind die Bewilligungsvoraussetzungen und wer überwacht diese? Was bringt der Eintrag ins Beraterregister?

Zu guter Letzt erhöht sich der Konformitätsdruck auf die Depotbanken, welche diesen weitergeben. Sie müssen die Konsequenzen einer Zusammenarbeit mit einem unbewilligten Vermögensverwalter abwägen und wichtige strategische Entscheide treffen.

15.09.2022




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