Endspurt für die elektronische Identität in der Schweiz

Viele Geschäftsprozesse verlagern sich heute mehr und mehr in die digitale Welt. Mit zunehmender Digitalisierung schwindet jedoch auch das Vertrauen in die Echtheit und Identität der Personen bei den elektronischen Transaktionen. Nach einem langen Prozess wurde im September 2019 das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (BGEID) verabschiedet. Das BGEID hat das Ziel, eine staatlich anerkannte und geprüfte elektronische Identität zu ermöglichen, mit der die Nutzer sich im Internet eindeutig identifizieren können. Doch genau dieses Gesetz ist heftig umstritten - und dies trotz der Notwendigkeit zu mehr Digitalisierung im ganzen Wirtschaftssektor sowie in der Bundesverwaltung.

Wie soll die E-ID funktionieren?

Nach dem Entwurf des BGEID sollen private Unternehmen (sog. Identity Provider) die elektronische Identität ausstellen. Das bedeutet konkret, dass zukünftig Banken, Versicherungsgesellschaften und staatsnahe Konzerne Identity Provider sein könnten. Vorgesehen ist, dass die E-ID bei einem zugelassenen Identity Provider beantragt wird. Der Bundesrat beabsichtigt, dass die Anerkennung und Beaufsichtigung der Identity Provider durch die Eidgenössische E-ID-Kommission (EIDCOM) durchgeführt wird. Die Zulassung ist zudem befristet und regelmässig zu erneuern.

Wer eine E-ID möchte, beantragt diese also bei einem Identity Provider. Dieser leitet die Anfrage an das Bundesamt für Polizei (fedpol) weiter. Das fedpol übermittelt die zur Identifikation der Person benötigten Daten im Anschluss an den Identity Provider, sofern die gesetzlichen Anforderungen gegeben sind und die antragsstellende Person in die Übermittlung eingewilligt hat. Die Identity Provider könnten sodann die E-ID herausgeben.

Kritik an der E-ID

Die Meinung der Gegner ist klar: Es darf auf keinen Fall zu einer Aufgabenteilung zwischen Privatwirtschaft und Staat kommen. Die Sicherung der Identität und die Herausgabe von entsprechenden Ausweisen soll eine hoheitliche Aufgabe sein und auch bleiben. Zudem vertreten die Gegner die Meinung, dass der Schutz der sensiblen Daten sowie die Speicherung und Verwendung der Daten nicht durch private Anbieter gewährleistet werden können. Weiter warnen kritische Stimmen, dass die Anbieter diverse Persönlichkeitsprofile der Nutzer erstellen und so das Verhalten der Nutzer analysieren könnten.

Bringt die Aufgabenteilung gar keine Vorteile mit sich?

Nichtsdestotrotz sind die möglichen Vorteile einer Aufgabenteilung zwischen privaten Anbietern und dem Staat zu betrachten. Die Schweizerische Bankiervereinigung bringt das Argument der Nähe zum Markt und zu den Kunden durch private Anbieter vor: Die Flexibilität für technologische Veränderungen könnte durch die privaten Anbieter gewahrt und die Verbreitung der E-ID somit sichergestellt werden. Ausserdem hätten die Nutzer eine grössere Wahlmöglichkeit in Bezug auf die Anbieter. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob durch die Zusammenarbeit zwischen privaten Anbietern und dem Staat nicht doch ein Mehrwert geschaffen wird.

Es bleibt spannend…

Die Schweizer Stimmberechtigten werden - voraussichtlich im Herbst 2020 - über das BGEID entscheiden. Die Referendumsfürsprecher haben am 16. Januar 2020 die Unterschriften für das Referendum gesammelt und eingereicht. Abgestimmt wird somit nicht nur über Identity Provider, sondern ob die Schweiz überhaupt eine E-ID erhält oder noch weitere Jahre darauf hoffen muss…

09.07.2020




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