Anschwärzen oder Schwarzmalen

Die Aufdeckung und Meldung von Missständen ist kein neues Phänomen, jedoch ist der Begriff des "Whistleblowing" in den letzten Jahren durch medienrelevante Fälle weit verbreitet worden und wird auch in der Politik kontrovers diskutiert. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Unternehmen in diesem Bereich ein erhebliches Optimierungspotential aufweisen und die Dunkelziffer nicht gemeldeter Vorfälle sehr hoch ist.

Rechtliche Situation in der Schweiz

Unternehmen in der Schweiz sind bislang gesetzlich nicht verpflichtet, eine Meldestelle anzubieten. Das Parlament möchte dies ändern und diskutiert seit längerem über Massnahmen. Grundsätzlich sieht die aktuelle OR-Revisionsvorlage des Bundesrats vor, dass ein Unternehmen über eine funktionierende Meldestelle verfügt und die Mitarbeitenden besser vor Entlassungen nach einer Meldung geschützt werden. Folgende Grundsätze sind hierbei festgesetzt:

  • Das Unternehmen soll über eine unabhängige Meldestelle verfügen.
  • Das Unternehmen soll über Regeln zur Behandlung von Meldungen verfügen.
  • Das Unternehmen soll keine Kündigungen und andere Nachteile aufgrund einer Meldung aussprechen.
  • Das Unternehmen soll anonyme Meldungen ermöglichen.

Weiter sieht der Entwurf zur Teilrevision des OR vor, dass die Meldung anhand des Kaskadenprinzips erfolgt. Nur in speziellen Fällen darf eine Meldung ausserhalb des Unternehmens erfolgen - zuerst an die Behörden und als letzte Option an die Öffentlichkeit. Das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen ist zum heutigen Zeitpunkt nicht prognostizierbar.

Rechtliche Situation in Europa

Das Europäische Parlament hat im April 2019 die Whistleblower-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Missstände melden, verabschiedet. Die europäischen Unternehmen werden selbst bei Vorhandensein einer Meldestelle prüfen müssen, ob aufgrund der Richtlinie Anpassungsbedarf besteht, denn die Neuerungen sind nicht unwesentlich und können auch mit der Datenschutz-Grundverordnung in Konflikt geraten. Nicht zu unterschätzen sind zudem die Sanktionen, welche bei Nichteinhaltung der Regeln ausgesprochen werden können.

Welche Gründe sprechen für ein Whistleblowing-Managementsystem?

In Anbetracht der Auswirkungen von Missständen auf die Unternehmen sollte das Aufdecken einen hohen Stellenwert einnehmen. Der Verlust des Vertrauens der Öffentlichkeit sowie der eigenen Mitarbeitenden, der Reputationsschaden, Arbeitseffizienzverluste oder finanzielle Schäden können eine Firma existenziell gefährden.

Hinweise von Mitarbeitenden spielen oftmals eine zentrale Rolle bei der Prävention und Bekämpfung von Fehlverhalten in Unternehmen. Gemäss aktuellen Studien werden in der Schweiz mehr als 60% aller Missstände durch Whistleblower-Meldestellen aufgedeckt.

Das Ziel eines Unternehmens sollte sein, alle Meldungen und Herausforderungen intern klären zu können, um einen Reputationsschaden durch die externe Meldung zu verhindern sowie den stetigen Verbesserungsprozess im Unternehmen aufrechtzuerhalten.

Wird das interne Whistleblowing korrekt angewendet, kann es als eine Art Frühwarnsystem eingesetzt werden und dem Unternehmen ermöglichen, gezielt Gegensteuer zu geben.

Wo liegen die Herausforderungen für ein Whistleblowing-Managementsystem?

Viele Unternehmen haben einen sehr weisungsbasierten, starren und veralteten Ansatz, welcher den realen Problemen und dem heutigen Verständnis für Whistleblowing nicht gerecht wird. Zudem scheitern die Unternehmen bereits am Versuch, die Botschaft glaubwürdig und verständlich den Mitarbeitenden zu kommunizieren. Damit das Bewusstsein verstärkt wird, sind Schwerpunkte auf die Schulung der Führungspersonen und auf die erfolgreichen Whistleblowing-Meldungen zu setzen. Unternehmen sollen eine Kultur der offenen und ehrlichen Kommunikation fördern. Jedes Unternehmen trägt eine Eigenverantwortung und kann die offene Risikokommunikationskultur nur mit einem Wandel der Unternehmenskultur ermöglichen, die für Vertrauen, Transparenz und Entschlossenheit steht

23.01.2020




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